Internationale Solidarität Reflexion

Das Wohlergehen der Kinder

November 2019

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Einführung

Das Leben eines Kindes “ist zu seinem eigenen Wohl, für das Wohl seiner Familie, der Gesellschaft, der ganzen Menschheit bestimmt. Hieraus entspringt auch die Tiefe der menschlichen Erfahrung, Sohn oder Tochter zu sein, die es uns gestattet, die unentgeltliche Dimension der Liebe zu entdecken, …. Es ist die Schönheit, zuerst geliebt zu sein: Die Kinder werden schon geliebt bevor sie ankommen.… Sie werden geliebt, bevor sie irgend etwas getan haben, um sie zu verdienen, bevor sie sprechen oder denken können, sogar bevor sie zur Welt kommen! Kinder zu sein ist die Grundvoraussetzung, um die Liebe Gottes kennenzulernen, der die letzte Quelle dieses wahren Wunders ist. Der Seele eines jeden Kindes, so verwundbar sie auch ist, prägt Gott das Siegel dieser Liebe ein, die seiner personalen Würde zugrunde liegt, einer Würde, die nichts und niemand zerstören kann”, sagt Papst Franziskus in seiner Katechese, die er am 11. Februar 2015 auf dem Petersplatz gegeben hat.

Die Grundbedürfnisse der Kinder werden in ihren Familien befriedigt, wo sie liebevolle Betreuung erfahren. Zur gleichen Zeit wird ihre Kindheit schmerzhaft und verletzt sein, wenn sie nicht genug Liebe erhalten, wie Papst Franziskus im Jahr 2015 sagte: „Die Kinder: … ich frage mich, ob wir nicht auch für die seelischen Wunden der Kinder taub sind. Je mehr man versucht, sie mit Geschenken und Süßigkeiten zu entschädigen, desto mehr verliert man das Bewusstsein für die – schmerzhafteren und tieferen – Wunden der Seele. Spüren wir das Gewicht des Berges, der die Seele eines Kindes erdrückt, in den Familien, in denen man einander schlecht behandelt und einander wehtut? … Wenn die Erwachsenen den Kopf verlieren, wenn jeder nur an sich selbst denkt, … dann leidet die Seele der Kinder sehr, spürt sie Verzweiflung. Und diese Wunden hinterlassen Narben für das ganze Leben.“ (Generalaudienz, 24. Juni 2015)

Aufruf zum Gebet

Sorgender Gott, schenke uns das zuhörende Herz, das die Stimme der Kinder hören kann  und aufmerksam auf ihre spirituellen Bedürfnisse achtet. Führe uns und sei mit uns, damit wir ihnen auf dem Weg zur Fülle des Lebens helfen können!

Erfahrung

Laut einer Umfrage zur Situation von Familien in europäischen Ländern nimmt die Zahl der Scheidungen stetig zu und die Zahl der Menschen, die sich für eine Ehe entscheiden, nimmt ab. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zahl der Eheschließungen halbiert, während die Zahl der Scheidungen im Vergleich zu den vorherigen Daten um die Hälfte gestiegen ist. (Marriage and Divorce Statistics, Eurostat June 2019)

Immer mehr Kinder wachsen ohne ihren Vater oder ihre Mutter (oder beide) auf, und die Zahl der Patchwork-Familien wächst rasant. Immer mehr unserer Schülerinnen und Studierenden leiden unter dieser schwierigen Situation. Ich arbeite mit Internatsschülerinnen und höre oft junge Leute, die schmerzliche Aussagen wie die folgenden machen: „Mama will mich nicht sehen. Wenn ich sie anrufe, geht sie nicht einmal ans Telefon. Sie kümmert sich nur um ihre neue Familie.“ (Mädchen, 13 Jahre) „Meine ersten Kindheitserinnerungen sind, dass meine Mutter mich mit in die Bar nahm.“ (Mädchen, 14 Jahre). „Meine Mutter hat Abstand von mir genommen, indem sie schrieb, dass sie mich nicht braucht.“ (Mädchen, 14 Jahre). „Ich besuche meine Mutter jede zweite Woche, aber sie trinkt die ganze Zeit. Das nächste Mal werde ich ihr sagen, dass ich nicht mehr komme, wenn sie betrunken ist.““(Junge, 12 Jahre) „Mein Vater kann es nicht ertragen, so viele Kinder zu haben, und ist von zu Hause weggezogen, damit er nicht wieder anfängt zu trinken.“ (15-jähriges Mädchen mit 5 Geschwistern, von denen sie die älteste ist).

Reflexion

Diese jungen Leute scheinen alles zu haben, was sie für ihr körperliches Wohlbefinden brauchen. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, dass sie nicht genug zu essen haben oder dass sie nicht ausreichend medizinisch versorgt werden. Sie haben saubere Häuser. Sie haben Gelegenheit zum Lernen usw. Gleichzeitig haben sie die verlässliche Liebe ihrer Eltern, die Sicherheit der Zugehörigkeit, nicht erlebt. Sie machen zahlreiche schmerzliche Erfahrungen in ihrer Kindheit durch den Verlust eines Elternteils, für den sie sich oft selbst verantwortlich machen. Sie tragen ihre Kindheitswunden, und in ihrem Leben fehlt es an Sicherheit, Aufmerksamkeit und sehr oft an Liebe.

In ISG heißt es, „Mutter Theresia wagte ihr Letztes, um der Not dort zu begegnen, wohin sie gerufen wurde. … Wie Mutter Theresia schließen wir niemanden von unserer Sorge aus, wenden uns aber vor allem den Kindern und Jugendlichen sowie den Frauen zu und fühlen uns gedrängt, den Armen zu helfen.“ (ISG K 24) Kinder, die in jungen Jahren in ihrer Familie verletzt wurden, sind auch die Armen und Bedürftigen unserer Zeit. Es fehlt ihnen nicht das, was für den Lebensunterhalt, sondern das, was für die spirituelle Gesundheit notwendig ist.

Wenn wir ihnen beibringen können, dass Gott für sie sorgt, und dass ihre Grundbedürfnisse erfüllt sind, können wir ihnen helfen, sich mit ihrem Leben zu versöhnen und anderen auf dem gleichen Weg zu helfen „ihre Gaben einzusetzen, um die Erde menschenwürdig zu gestalten.“ (ISG K 21)

Aktion

  • Um die Situation ihrer Schüler besser zu verstehen, saß Mutter Theresa oft auf der Schulbank des einen oder anderen Kindes und betete für sie. Einmal in diesem Monat könnten wir auch das Gleiche versuchen, damit wir zu einem tieferen Verständnis für die Jugendlichen kommen, zu denen wir gesandt sind.
  • Lassen Sie uns bei einer zuvor ausgewählten Gelegenheit für jeden jungen Menschen beten, den wir persönlich kennen und dem wir dienen.
  • Als Pädagogen müssen wir uns manchmal mit der Ablehnung der Schüler auseinandersetzen. Was ein rebellisches Kind oft wünscht, ist einfach Liebe und Aufmerksamkeit. Hören wir diesen jungen Menschen zu, beten wir für sie und weisen wir sie in Liebe an, das Gute zu tun.

Schlussgebet

Allmächtiger Gott, du sorgst für all deine Geschöpfe, besonders für diejenigen, die in Not sind. Hilf den jungen Menschen zu verstehen, dass ihr Leben wertvoll für dich ist. Befähige ihre Familien, ihnen die emotionale und spirituelle Unterstützung zu geben, die ihnen hilft, sich zu reifen Mitgliedern ihrer Gesellschaft zu entwickeln.

Mach uns aufmerksam für die Bedürfnisse der Jugendlichen und hilf uns, liebevoll zu reagieren, auch wenn wir mit Ablehnung oder Widerständen konfrontiert sind.

Führe uns, Christus unter den Kindern sichtbar zu machen durch unsere Liebe, unseren Glauben und unsere Hoffnung.

Führe uns mit deinem Geist, damit wir „erkennen können, auf welche Verhältnisse unserer Zeit wir einzugehen gerufen sind.“ (ISG, GD 37)

Vorbereitet von Erős M. Renáta SSND, Ungarische Provinz, für das Internationale Shalom Büro, Rom

Grafik: Richtungweisende Erklärung, 24. Generalkapitel. Design: Kongregationsweites Kommunikationsbüro